News | 22.02.2023

Fit für die Smart Factory

Dieser Beitrag erschien zuerst im DIGITAL MANUFACTURING Magazin

So verändert sich die Rolle des MES | Experteninterview

Beim Wandel zur datengetriebenen Produktion stehen viele Unternehmen vor großen Herausforderungen. Gero Adrian, Senior Management Advisor Manufacturing bei NTT DATA, erklärt im Interview, wie sich die Rolle von Manufacturing-Execution-Systemen (MES) in der Industrie verändert hat und welche Alternativen Unternehmen für eine nachhaltige Datenarchitektur haben.

Gero Adrian (links), Senior Management Advisor Manufacturing bei NTT DATA und Danny Rybakowski (rechts), Head of Partnermanagement bei Cybus, beleuchten die Rolle des MES in der Industrie von heute.
Gero Adrian (links), Senior Management Advisor Manufacturing bei NTT DATA und Danny Rybakowski (rechts), Head of Partnermanagement bei Cybus, beleuchten die Rolle des MES in der Industrie von heute. Foto: Cybus GmbH

Digital Manufacturing (DM): Was waren die ursprünglichen Funktionalitäten eines MES?
GERO ADRIAN: Ein MES ist eine Software, die Fertigungsaufträge verwaltet und die dazugehörigen Vorgabedaten für die Produktion verfügbar macht. Es stellt die anfallenden Daten aus der Produktion für übergeordnete IT-System wie beispielsweise ein ERP (Enterprise Resource Planning) bereit. Es optimiert also Produktionsprozesse, weil es eine einzige Quelle für bestimmte Fertigungs- und Produktionsinformationen ist. In den letzten 30 Jahren hat sich dieses Umfeld jedoch radikal verändert: Der ursprüngliche Gedanke des MES als monolithisches Softwaresystem steht dadurch unter großem Druck.

DM: Ist ein herkömmliches MES dann noch eine sinnvolle Investition für moderne Produktionsprozesse?
GERO ADRIAN: In den meisten Fällen eher nicht. Denn einige Funktionen des MES werden heutzutage oft durch das ERP-System übernommen, zum Beispiel mit einem Plantafel-Modul oder Funktionsmodulen wie SAP PCo. Und auch Datensysteme aus den unteren Ebenen der Automatisierungspyramide übernehmen bereits viele MES-Funktionen. Beispielsweise gibt es mittlerweile intelligente Module der Roboterhersteller wie von Fanuc, die ihre eigene Maschinendatenerfassung (MDE) mitbringen. Für die Digitalisierung der Fabrik bleiben dem MES somit nur noch wenige, auf die jeweilige Produktion zugeschnittene Teilelemente der Produktionsplanung.

„Datensysteme aus den unteren Ebenen der
Automatisierungspyramide übernehmen bereits
viele MES-Funktionen.“

Gero Adrian, Senior
Management Advisor Manufacturing, NTT DATA

DM: Wann passt ein MES im ursprünglichen Sinne nicht mehr zu den Produktionsprozessen von heute?
GERO ADRIAN: Ich lokalisiere die verschiedenen Szenarien gerne auf einer Skala, die die Produktionskomplexität beim Kunden beschreibt. Schauen wir uns zunächst den weniger komplexen Fall eines Topf-Herstellers an: Bei einem tiefgezogenen Rohling geht die Ablaufplanung über ein ERP-System. Die Rohlinge, die Griffe, die Deckel oder die Lackierung werden durch Roboter und automatisierte Transportsysteme erledigt. Hier ist die Prozess- und Planungstiefe durch die niedrige Anzahl an Produktionsschritten recht gering. Dafür reicht ein lokales System zur Datenverteilung, also ein lokaler Broker. Der ist sehr preiswert, leistungsstark und schnell zu erweitern.

Und dann gibt es hochkomplexe Szenarien, zum Beispiel die Herstellung eines Automatik-Getriebes. Für die Montage werden 30 bis 40 verschiedene Maschinen benötigt, um hunderte von Einzelteilen zusammenzubauen. Soll diese Herstellung durch ein MES gesteuert werden, dauert die Kopplung des MES an die Maschinenstraße und das Aufsetzen der Feinplanung etwa vier Monate. Einmal aufgesetzt, ist diese Struktur sehr aufwändig anzupassen.

Um weiterhin Flexibilität und Anpassung, zum Beispiel an Lieferengpässe, zu gewährleisten, raten wir deswegen alternativ zu einer ereignisgesteuerten Architektur. Hier werden alle relevanten Komponenten und Strukturen nach Bedarf flexibel miteinander kombiniert; beispielsweise wird ein neuer Montageauftrag mit allen Informationen aus MES und ERP ergänzt. Das heißt, die tatsächlichen Zustandsveränderungen im Prozess treiben den Geschäftsprozess voran. Technisch eignet sich dafür ein unternehmensweiter, globaler Broker wie Kafka. Die einzelnen ‚Ereignisse‘, das heißt Datenobjekte, werden gemäß der gewünschten Businesslogik verarbeitet und dann flexibel in der gesamten Enterprise-IT (CRM, PLM, ERP) verteilt. Damit bricht das rigide ISA-95-Modell auf. In diesen Fällen ist das MES nicht nur obsolet, sondern es wäre sogar die schlechtere Wahl.

Manche MES-Lösungen sind schon über 25 Jahre alt.
Darauf kann man keine Smart Factory aufbauen.

Gero Adrian, Senior
Management Advisor Manufacturing, NTT DATA

DM: Sie schlagen also eine lokale Middleware und einen globalen Broker vor. Warum?
GERO ADRIAN: Manche MES-Lösungen sind schon über 25 Jahre alt und basieren auf dedizierten Applikations- und Datenbank-Servern und nutzen im Datenaustausch CSV-Dateien – eine Technologie des letzten Jahrtausends. Darauf kann man keine Smart Factory aufbauen. Wenn nun ein Roll-out-Mechanismus bis hinunter zur Steuerungsebene in der Produktion benötigt wird, dann sollte er auf Infrastructure-as-Code basieren. Nur so kann man automatisiert ausrollen. Neben Datensicherheit und Cybersecurity ist darüber hinaus die bidirektionale Datenverarbeitung unverzichtbar. Wenn Auftragsdaten in die Produktion geschickt werden, sollte eine Rückmeldung von der Maschine möglich sein. Um Ausfallsicherheit zu gewährleisten, sollte die Software auch noch cluster-fähig sein. Die meisten Produkte am Markt decken all das nicht ab.

DM: Können Sie uns ein Beispiel geben, warum diese Eigenschaften einer Infrastruktur wichtig sind?
GERO ADRIAN: Heute müssen sich viele Kunden der Problematik gestörter Lieferketten stellen. Rohmaterial oder selbst Bauteile wie Schrauben können nicht geliefert werden. Dennoch müssen die Hersteller den Bestellungen nachkommen. Das geht nur, wenn sie unglaublich flexibel in der Zuordnung ihrer Kundenbestellungen werden. Haben sie die richtige Dateninfrastruktur, können sie mit den bereits vorhandenen Materialien ‚vorarbeiten‘, also Grundelemente fertigstellen. Das wäre mit sehr rigiden Fertigungsprozessen nicht möglich. Viele unserer Kunden haben mittlerweile diese Flexibilität und die dafür nötigen Technologien: Mit einer Middleware wie Cybus Connectware (einem globalen Datenbroker), Echtzeit-Daten, Cybersecurity und Ausfallsicherheit. Außerdem machen sie ihre Produktion in Echtzeit sichtbar, inklusive Einblicke in den Produktionsrückfluss. Das ist besonders relevant für den CFO.

DM: Warum profitiert der CFO von dieser flexiblen Lösung ohne MES?
GERO ADRIAN: CFOs können mit Echtzeitdaten den Finanzfluss und die finanzielle Verfügbarkeit der Fabrik abbilden. Sie integrieren Live-Daten in ihre Reportings und können klare Richtwerte vorgeben, um das Controlling effizienter zu gestalten. Dadurch haben sie detaillierte Einblicke in die Produktion – statt eines Excel-Sheets, das man erst Monate nach der Datenerfassung auswerten kann. Und zukünftig wird auch das Messen des CO2-Verbrauchs mit Hilfe von Referenzstromanalysen und Energieverbrauchsmessung der Maschinen unumgänglich. Das geht nicht mehr mit Hochrechnungen – dafür sind Real-Energiekennzahlen notwendig. In der Automobilbranche ist das sogar schon Pflicht. Unsere Kunden sind also bestens vorbereitet, ihren CO2-Verbrauch zu belegen.

DM: Herr Adrian, vielen Dank für das Gespräch!

Gero Adrian, Senior Management Advisor Manufacturing bei NTT DATA

Im Interview: Gero Adrian, Senior Management Advisor Manufacturing bei NTT DATA.

Danny Rybakowski, Head of Partner Management bei der Cybus GmbH

Das Interview führte Danny Rybakowski, Head of Partner Management bei Cybus.

Die Fortsetzung zum Interview (in englischer Sprache)

Mit einem Factory Data Hub zu einem flexiblen Produktionssystem

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